Vor vierzig Jahren stillgelegt: SWEG Strecke Wiesloch - Dielheim

Metropolregion
Vor vierzig Jahren, am 31.1.1975 wurde das letzte Teilstück der ehemaligen BLEAG Nebenbahn Wiesloch - Meckesheim stillgelegt. Grund genug, an die wechselvolle Geschichte dieser Nebenbahn zu erinnern. Ein Artikel aus dem Jahr 1975 beschreibt die Geschichte der Bahn und ihrer Einstellung
Das "Bähnle" rollt aufs Abstellgleis

Der Plan zeigt die einzelnen Phasen der Eröffnung und der Einstellung
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Im Jahr 1914 ist noch Betrieb auf beiden Streckenästen
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Im Jahr 1972 erfolgten umfangreiche Modernisierungsarbeiten im Bahnhof Wiesloch-Stadt, alle Weichen, erhielten elektrischen Antrieb. Am 24. Juni 1972 wird ein modernes Gleisbildstellwerk in Betrieb genommen, der Bahnhof wurde von und nach allen Richtungen mit Ein- bzw. Ausfahrtlichtsignalen ausgestattet, wobei sich kundige Beobachter damals schon fragten, wozu dieser Aufwand getrieben wurde, der in einem so offensichtlichen Missverhältnis zum Verkehrsaufkommen stand.
Gleichzeitig wurde auch in Wiesloch eine vom Stellwerk aus zu bedienende motorische Halbschrankenanlage erstellt, die Zeit der handbedienten Schranke, zu der Schrankenwärter Theodor Dussel aus Baiertal vom Bahnhofsgebäude aus mit dem Fahrrad gefahren war, gehörte der Vergangenheit an.
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Drahtzug-Schrankenanlage und moderne Weichenantriebe
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Für die Nebenbahn neue Signal gesetzt

VT 5 kam 1955 als Ersatz für die beiden Elektrotriebwagen nach Wiesloch. Es war ein aus Reichs- bzw. Bundesbahnbeständen übernommener ex DB VT 79 902 ex DRG VT 133 005, der bei der DEBG die Nummer VT 5 erhielt. Nach Stilllegung der Wieslocher Nebenbahn wurde das Fahrzeug 1985 in Nürnberg auf der Jubiläumsausstellung "150 Jahre Eisenbahn in Deutschland" als Beispiel eines zweiachsigen Reichsbahn-Verbrennungstriebwagens präsentiert und befindet sich inzwischen im Eisenbahnmuseum Darmstadt-Kranichstein.
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VT 3, Werdau, auf dem Streckengleis nach Dielheim
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Ebenfalls 1955 gelangte die erste Diesellok V 34-01, neu gebaut bei Kraus-Maffei nach Wiesloch, die im damals noch umfangreichen Güterverkehr, insbesondere in der Zuckerrübenkampagne eingesetzt wurde.
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Vergleichsbild 2014
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Verfolgen wir den Streckenverlauf
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1957 wurde die Haltestelle Wiesloch-Ost eingerichtet, an der Stelle entlang des jüdischen Friedhofs östlich der Merianstraße, an der 1901 die Haltestelle Wiesloch-Oberstadt lag. Diese war beim Bau der nächsten Haltestelle "Heil- und Pflegeanstalt" ca. 200 m nach Osten an den Ausladeplatz verlegt, elektrifiziert und auch mit einem Umfahrgleis versehen worden.
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Haltestelle "Heil- und Pflegeanstalt" bzw. "Ausladeplatz"
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Der "Ausladeplatz" hat in dunkler Zeit eine düstere Rolle gespielt:
In seinem Buch "Rund um de Sauermillichhaffe rum" beschreibt Philipp Böhli den Ausladeplatz:
Der Ausladeplatz, ein früherer Bahnhof der Nebenbahn, diente in der Hauptsache zur Versorgung des Landeskrankenhauses. (...). Eine traurige Begebenheit aus dem 3. Reich habe ich bis heute nicht vergessen. Ich war zufällig an diesem Platz, als von der Bahn Personenwagen abgestellt wurden, die nun mit Patienten und alten Menschen vom PLK beladen wurden. Die Gesichter, die Tränen und den Verladevorgang habe ich heute noch vor Augen. Die alte Mutter von Karl Förderers (Schütze Förderer) Frau, sowie auch der Bruder von Georg und Oskar Hecker (Maurergeschäft), der durch unstillbares Nasenbluten eingeliefert war, beide alte Wieslocher sie waren auch dabei. Es war eine Fahrt in den Tod

"Ausladeplatz" heute
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VT 103 bei der Haltestelle "Ausladeplatz". Dieses Fahrzeug war 1957 bis 1980 in Wiesloch, ist erhalten und fährt seit 2006 auf der Museumsbahn Bad Endorf - Obing im Chiemgau
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Blick auf die Bahnanlage 1970
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Die Strecke nach Dielheim teilt das Schicksal vieler ehemaliger Bahnstrecken, sie wurde zum Radweg. Hier die Leimbachbrücke bei Altwiesloch
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nochmals ein Blick von oben auf die Strecke 1970
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Auf unsrem weiteren Weg treffen wir in Altwiesloch die DEMAG Lok, Baujahr 1940, Typ ML 50, ehemals Zuckerfabrik Züttlingen dann Schrotthandel Fromm, Altwiesloch. Sie gelangte ins Auto + Technik-Museum im nahen Sinsheim und von dort 1996 ins Technik-Museum Speyer
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in Dielheim treffen wir wieder den Esslinger VT 103
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und den VT 101
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1951 dachte noch niemand an Stilllegungen
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VT 2 im Jubiläumsjahr in Dielheim
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könnte Lok 14 sein, mehr [www.drehscheibe-online.de]
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im weiteren Verlauf der Strecke kommen wir nach Baiertal
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Der Personenverkehr auf diesem Teilstück war seit 1968 eingestellt, der Bildfahrplan zeigt allerdings noch einen
Bedarfsgüterzug auf der Strecke nach Schatthausen
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das Bahnhofsgebäude Schatthausen nach der Stilllegung
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und im Jubiläumsjahr 1951
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Schatthausen wies als Besonderheit einen "Pulsometer", eine kolbenlose dampfbetriebene Wasserpumpe auf. In Meckesheim wurden dieser Tage Reste des Wasserturms der BLEAG entdeckt [www.rnz.de]
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Fahrplan aus dem Jahr 1944, Betrieb bis Schatthausen, Strecke nach Meckesheim stillgelegt
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Der VT 2 war 1929 von der Fa. Dessau gebaut worden, kam 1939 als erster Dieseltriebwagen gebraucht nach Wiesloch, wurde hier 1972 ausgemustert und am 16.7.1974 an einen Schrotthändler verkauft.
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dorfbildprägend in Schatthausen: das Viadukt der ehemaligen, bereits 1922 stillgelegten Strecke nach Meckesheim
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der Dielheimer Streckenast. Insbesondere im Schülerverkehr verkehrten auch diesellokgeführte Personenzüge
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Sonderfahrt DGEG zwischen Wiesloch und Dielheim
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in Dielheim
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und zum Schluss
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Die Modelleisenbahnfreunde Kurpfalz zeigen in der ehemaligen Güterhalle einen vorbildgerechten Nachbau des Bahnhofs Wiesloch-Stadt und der abzweigenden Strecken.

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© Klaus Rothenhöfer 2015

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